Sehr geehrte Frau Allekotte,
für Ihre Irritation im Zusammenhang mit Presseberichten zu einem Erlass von Gewerbesteuer in Höhe von möglicherweise 102 Millionen Euro habe ich großes Verständnis.
Trotzdem muss ich um Verständnis bitten, dass ich aus Gründen des Steuergeheimnisses gehindert bin, konkrete Auskünfte über steuerliche Sachverhalte eines Gewerbetreibenden zu erteilen. Gerne gebe ich Ihnen aber zur Problematik „Steuererlasse“ einige allgemeine Informationen.
Gewerbesteuererlasse sind nur nach den gesetzlichen Vorgaben der Abgabenordnung möglich, und zwar nur dann, wenn die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. In der Rechtsprechung und Kommentierung hierzu wird nach persönlichen und sachlichen Billigkeits- gründen unterschieden. In der Praxis werden Erlassentscheidungen äußerst restriktiv behandelt.
In Einzelfällen kommt es vor, dass eine Gewerbesteuerforderung aus sogenannten „begünstigten Sanierungsgewinnen“ resultiert.
Der Sanierungsgewinn ist ein Gewinn, der sich aus der Erhöhung des Betriebsvermögens ergibt, weil Schulden zum Zweck der Sanierung eines Unternehmens ganz oder teilweise erlassen wurden. Er ist also ausschließlich ein buchmäßiger (fiktiver) Gewinn.
Bei einer Erhebung der hieraus resultierenden Steuer würde in aller Regel der Sanierungs-/Insolvenzplan des Unternehmens scheitern und eine Abwicklung im Insolvenzverfahren durchgeführt werden. Dies hätte unter Anderem zur Folge, dass von dem betreffenden Unternehmen keine Gewerbesteuer- zahlungen erfolgen würden.
Bei einer erfolgreichen Sanierung kann hingegen mit künftigen Steuerzahlungen und dem Erhalt von Arbeitsplätzen gerechnet werden.
Das Bundesfinanzministerium hat vor diesem Hintergrund bereits im Jahr 2003 für die Finanzbehörden im sogenannten „Sanierungserlass“ den Erlass derartiger Steuern unter ganz bestimmten Voraussetzungen aus sachlichen Billigkeitsgründen geregelt.
Dem folgend wurde durch Ratsbeschluss vom 12.12.2013 festgelegt, dass die Stadt Bonn bei Anträgen auf Erlass der Gewerbesteuer, die aus Sanierungsgewinnen resultieren, den sog. Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums aus 2003 analog anwendet.
Entsprechend verfahren auch die meisten (Groß)Städte in der Bundesrepublik.
Mit freundlichen Grüßen
