Sehr geehrter Herr,
der Stadtteil Bad Godesberg hat sich durch den Umzug von Teilen der Bundesregierung und in der Folge dem Wegzug von Botschaften verändert. Das ist sicher so. In Bad Godesberg wohnen viele Muslime - das ist auch in anderen Bonner Stadtteilen so, aber vielleicht weniger in Siegburg oder Rheinbach - und etliche von ihnen nehme auch ich als konservative Gläubige wahr, die durch ihre Kleidung ihrer Religion Ausdruck verleihen wollen. Trotzdem ist Ihre Schilderung aus meiner Sicht nicht zutreffend.
Ihre Darstellung macht deutlich, dass Angehörige der früheren Botschaften von Ihnen eher als Bereicherung wahrgenommen wurden als heute die dauerhaft Zugewanderten. Schon zu der Zeit, als Bonn noch Bundeshauptstadt war, waren Diplomaten und Botschaftsmitarbeiter aus muslimisch geprägten Staaten jedoch meist deutlich an ihrer Kleidung erkennbar. Insofern ist diese Erscheinung für den Stadtteil nicht neu, wird aber heute von manchen anders beurteilt.
Zugleich habe auch ich den Eindruck, dass bestimmte muslimische Gruppen heute selbstbewusster am öffentlichen Leben teilnehmen und durch die Art ihrer Kleidung sichtbarer sind. Eine pauschale Bedrohung oder gar einen Grund, sich als Mitbürger zu "schämen", wie Sie schreiben, kann ich darin nicht erkennen. Auch Ihrer Behauptung, es gäbe "nur noch Vermummte und Verschleierte", kann ich nicht folgen. Sie ist für die Godesberger Innenstadt nicht zutreffend, obwohl deren zentrale Einkaufs- und Aufenthaltsfunktionen natürlich auch intensiv von Migrantinnen und Migranten wahrgenommen werden, sie ist aber eindeutig falsch, wenn man Bad Godesberg in seiner Gesamtheit wahrnimmt. Deshalb finde ich auch Ihren Vergleich mit Neukölln völlig überzogen. Neukölln ist ein großer sozialer Brennpunkt in einer Millionenstadt und so wie Berlin nicht mit Bonn zu vergleichen ist, ist Bad Godesberg nicht mit Neukölln vergleichbar.
Die Stadt Bonn bemüht sich auf vielen Ebenen, Integration voranzutreiben. Natürlich gibt es hohen Nachholbedarf, das wissen wir. Aber neben Jugendlichen ohne Ausbildung und ohne Perspektive, teils straffällig geworden, denen RTL sich ausgiebig gewidmet hat, gibt es eben auch viele, die es schaffen.
Selbstverständlich erwarten wir von muslimischen Familien die Bereitschaft, sich in dieser Gesellschaft zu integrieren und ihre Kinder zu fördern und zu unterstützen. Dass das nicht in jedem Einzelfall gelingt ist in nicht-muslimischen Bevölkerungsgruppen ja nicht anders. Dies kann die Stadt insgesamt nicht allein lösen. Neben Bildungsfragen liegen hier auch soziale Probleme vor. Alle diese Dinge ignoriert die Stadt Bonn nicht, sondern beschäftigt sich intensiv mit ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
