Liebe Nutzerinnen und Nutzer von „direktzu Jürgen Nimptsch“,

vielen Dank für die rege Beteiligung auf diesem Portal in den vergangenen Jahren. Die Stadt Bonn wird in Kürze eine eigene Bürgerbeteiligungsplattform einrichten, auf der Sie dann vergleichbare Möglichkeiten der Partizipation haben. Das Portal „direktzu Jürgen Nimptsch“ wurde Anfang November 2014 geschlossen.

Herzliche Grüße

Jürgen Nimptsch

Beantwortet
Autor M. von den Driesch am 12. September 2013
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Bildung und Kultur

Dringlichkeitsantrag zu Lärmbelästigungen am Rhein

Sehr geehrter Herr Nimptsch,

soeben bin ich im Bonner Rats- und Informations-System auf den Dringlichkeitsantrag zu "Lärmbelästigungen am Rhein" gestoßen, zu dem am 17.09. im Stadthaus abgestimmt wird. Darin wird gefordert, Maßnahmen zu beschließen, die Lärmbelästigungen durch "Partyschiffe" sowie am Rheinufer betriebener "Beschallungsgeräte" Einhalt gebieten. Als Freund und aktiver Teil einer Szene, gegen die sich diese Bestimmmungen wenden werden, kommen mir hier einige Fragen auf.

Vordergründig und aus städtischer Sicht kann ich besagte Forderung gut verstehen, da es auch Aufgabe der Stadt sein muss, Ihren Bürgern einen ruhigen Schlaf zu ermöglichen. Andererseits frage ich mich, ob hier nicht wieder sehr einseitig und lediglich symptomatisch "operiert" werden wird. Mehr Strafen für weniger Spaß - Das ist aus meiner Sicht die drohende Konsequenz.

Die Jugend möchte sich amüsieren und feiern, das iegt in der Natur der Dinge. Und sie wird es tun - ob nun Maßnahmen und Strafen drohen oder nicht.
Gerade die Rheinauen laden doch dazu ein, sich in den Sommermonaten ungezwungen, abseits vom Einheitsbrei und Kommerz-Programm der Innenstadt zu treffen um sich dort auszutoben, wo man (ja, evtl. nur vermeintlich) niemanden stört - zumal man dieser Tage von den Kollegen des Ordnungsamtes von anderen öffentlichen Plätzen geradezu vertrieben wird (Ich denke hier an die Verhältnisse am Frankenbad - ein anderes Thema).

Zum immergleichen, "organisierten" Kulturangebot im Bonner Nachtleben, sind die genannten "unorganisierten" Treffen für alle Teilnehmenden eine willkommene Abwechslung. Auch werden die meisten dieser Veranstaltung professionell durchgeführt - hier feiern keine Chaoten, die das Rheinufer verwüstet und vermüllt zurücklassen. Ganz im Gegenteil. Hier agieren kulturell versierte Menschen, denen es lediglich an geeignetem Raum für ihr Schaffen fehlt. Für mich sind diese "Auswüchse" Teil der städtischen Kulturlandschaft!

Ich frage mich: Unternimmt die Stadt gleichsam mit ihrem Bestreben, solche Veranstalltungen einzudämmen, vielleicht auch Überlegungen Ausgleichsflächen zu schaffen oder dieses alternative Kultursegment anderweiteig gar aktiv zu fördern? Wieso können derartige Veranstaltungen nicht irgendwo legal stattfinden? Wo gibt es in Bonn überhaupt noch Raum für alternatives, subkulturelles Leben? Seit wann geht es im schönen Rheinland so borniert und spießig zu?

Ist der immerwährende, aussichtslose Kampf gegen dieses Szene nicht zu anstrengend, lästig und letztlich auch zu teuer, als dass man besser den Versuch einer gemeinschaftlichen Kompromisslösung anstreben sollte? Besteht seitens der Stadt kein Interesse, seinen jungen BürgerInnen ein vielfältiges, interessantes Nachtprogramm zu bieten?

Erfahrungsgemäß hört man von Vertretern der Stadt zu solchen Anfragen Abspeisungen, wie: "Ihr habt doch den Kunst!Rasen. Geht doch dahin!" - "In Oberkassel, da gibts doch eine schöne Strandbar!" - "Im Biergarten läuft doch auch Musik!"
Ich sage: "Nein!" Denn auch dort sind wir kommerziellen Zwängen ausgesetzt!
Niemals können uns solche Orte Flair und Charme einer sog. "Brückenparty" ersetzen!
Nirgends ist für uns das Angebot so bunt, spannend und vor allem niederschwellig, wie auf selbstorganisierten Parties.
Nirgendwo fühlen wir uns in dieser Stadt so wohl, wie mit unseren Freunden zusammen am Rhein. Mit ALLEN Freunden. UND Musik! Mit GUTER Musik!

Ich stelle mir ein echtes, ehrliches Zugeständnis vor, wie es diesen Sommer zum Beispiel an öffentlichen Grillplätzen in Halle erprobt wurde. Fragen sie ihren Oberbürgermeister-Kollegen Bernd Wiegand doch mal nach seinen Erfahrungen!

Ich bitte Sie, Herr Nimptsch, die Beweggründe und Bedürfnisse Ihrer jungen BürgerInnen nachzuvollziehen und bei Anliegen dieser Art zu berücksichtigen. Beständig wird in unserer Stadt alternativ-kulturelles, junges, kreatives Potential missachtet und gerade zu vergrault.
Viele teilen meine Meinung, dass sich die städtische Verwaltung zu wenig auf die Belange der Subkultur achtet und diese ächet - während Unsummen in Prestigeprojekte und Hochkultur gesteckt werden.

Die Bonner Subkultur bräuchte ja nicht einmal Subventionen, sondern lediglich Raum & Luft zum Atmen!

Sprecht mit uns!

Alles Gute,
Maurice

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Antwort
von Jürgen Nimptsch am 05. November 2013
Jürgen Nimptsch

Sehr geehrter Herr von den Driesch,

ich danke Ihnen für Ihre Anregungen zum Dringlichkeitsantrag „Lärm- belästigungen am Rhein“, der am 17.9.2013 im Hauptausschuss behandelt wurde. Wie Sie sicher der Presse entnommen haben, wurde der Dringlich- keitsantrag bereits im Vorfeld zu der Sitzung äußerst kontrovers besprochen.

In der Sitzung selbst wurde das Thema umfangreich erörtert. Ergebnis der Aussprache war ein Änderungsantrag, der dem ursprünglichen Beschlusstext eine neue Ausrichtung gegeben hat. Der Änderungsantrag lautete wie folgt:

„Der Rat der Stadt Bonn begrüßt die vielfältige Nutzung der Rheinaue. Dazu gehören Veranstaltungen u.a. auf dem Kunst!Rasen ebenso wie private Feiern in der Rheinaue und auch auf Schiffen. Um eine dauerhafte Akzeptanz durch die Anwohner und Anwohnerinnen der Rheinaue sowohl rechts- wie links- rheinisch zu erreichen, muss jedoch die Lärmbelästigung reduziert werden. Vor diesem Hintergrund wird die Verwaltung gebeten, ein Konzept zu erarbeiten, das eine Lärmreduzierung und die dauerhafte Nutzung des Kunst!Rasens auch rechtlich sicherstellt.“

Sie können den gesamten Text hier noch einmal nachlesen:
http://www2.bonn.de/bo_ris/daten/o/pdf/13/1312604AA2.pdf

Der Beschluss zum Änderungsantrag wurde schließlich mit Mehrheit gefasst und ich habe noch in der Sitzung zugesagt, dass die Stadtverwaltung für 2014 ein entsprechendes Konzept erstellt, welches in Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft entwickelt wird und das möglichst alle Belange berücksichtigt.

In welcher personellen und funktionalen Besetzung dieser Kreis tagen wird und wann das erste Zusammentreffen sein wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend mitteilen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass innerhalb der Fachdienststellen bereits die ersten Vorbereitungen angelaufen sind.

Ihre Hinweise, sehr geehrter Herr von den Driesch, stellen dabei eine wichtige Grundlage für die weiteren Überlegungen zu dem Konzept dar. Aus meiner Sicht wäre denkbar, dass Sie sich – evtl. mit weiteren Gleichgesinnten – an der Entwicklung des Konzeptes aktiv beteiligen, um speziell für Jugendliche nach Lösungsansätzen bzw. Alternativstandorten zu suchen.

Ich muss allerdings auch darauf hinweisen, dass Veranstaltungen in der Rheinaue, die nach 22 Uhr ohne Genehmigung durchgeführt werden und von denen manche die Anwohner um den Schlaf bringt, so natürlich nicht akzeptiert werden können. So wie Sie Raum und Luft zum Atmen brauchen, brauchen andere die Nachtruhe, auf die sie auch Anspruch haben.

Öffentliche Grillplätze, wie Sie sie beschreiben, gibt es in Bonn mehrere – auch in der Rheinaue.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass Ihr Anliegen, nicht zuletzt durch den politischen Rückenwind, weitestgehend erfüllt wurde. Was am Ende dabei herauskommt ist allerdings momentan noch offen, da ein wichtiger Aspekt des Beschlusses ja war, dass „die Lärmbelästigungen reduziert werden“, um die dauerhafte Akzeptanz durch die Anwohnerinnen und Anwohner sicher zu stellen.

Ich bin zuversichtlich, dass wir eine für alle Seiten tragbare Lösung erarbeiten können.

Mit freundlichen Grüßen