Sehr geehrter Herr Zielke,
das ÖPNV-Angebot in Bonn ist sehr gut ausgebaut und geht sicher weit über das "nötigste" hinaus. Wenige Städte der Größe Bonns verfügen über ein derart gut ausgebautes Stadtbahnsystem bei gleichzeitig bester Erschließung durch ein dichtes Busnetz. Fast niemand wohnt in Bonn mehr als 400 Meter von einer Haltestelle entfernt. Dieser hohe Angebotsstandard schlägt sich auch in der Nutzung des ÖPNV in Bonn nieder: über 80 Millionen Fahrten werden jährlich mit Bussen und Bahnen in Bonn zurückgelegt, d. h. auf jeden Einwohner kommen über 250 Fahrten mit Bus und Bahn pro Jahr. Innerhalb Deutschlands finden sich nur wenige Städte unter 500.000 Einwohnern, die in diesem Punkt mithalten können.
Selbstverständlich ist nichts so gut, dass es nicht noch besser werden könnte, und zur Sicherung und Steigerung der Lebensqualität in Bonn und der Region kommt dem weiteren Ausbau des ÖPNV sicher eine ganz besondere Bedeutung zu. Angesichts der dramatischen Finanzlage der Stadt Bonn können Angebotsverbesserungen zurzeit aber leider nur dann erfolgen, wenn durch den Gewinn zusätzlicher Fahrgäste eine ausreichende Wirtschaftlichkeit des ÖPNV garantiert werden kann. In den Abend- und Nachtstunden ist dies nur bedingt möglich.
Trotzdem arbeiten unsere Stadt- und Verkehrsplaner gemeinsam mit den Stadtwerken kontinuierlich an der Verbesserung des Nahverkehrsangebots und ich werde den politischen Gremien sicher auch in den nächsten Jahren viele Verbesserungsvorschläge vorlegen. Dabei werde ich auch den Angebotsstandard an den Weihnachtsfeiertagen und zu Silvester anlässlich Ihrer Kritik noch einmal überprüfen lassen. Eine Verbesserung der Nachtanbindung Hangelars an Bonn ist ein Thema für unsere regelmäßigen Gespräche mit dem Rhein-Sieg-Kreis. Ich bitte aber um Verständnis, dass auch die Bundesstadt Bonn jeden zusätzlichen Finanzaufwand sorgfältig prüfen muss und nicht über ihre Verhältnisse leben kann. Zur Finanzierung dringend notwendiger Angebotsverbesserungen wird es im Einzelfall auch unvermeidbar sein, an anderer Stelle schwach ausgelastete Angebote zu streichen.
Die Sperrung der Kennedybrücke war bautechnisch unvermeidbar und sicher eine ganz besondere Situation, die sich nicht verallgemeinern lässt. Ihre Kritik, dass als Ausweichverbindungen lediglich Umsteigeverbindungen über Ramersdorf angeboten wurden und eine direkte Busverbindung wünschenswert gewesen wäre, kann ich nachvollziehen. Insbesondere aufgrund der mit der Sperrung der Brücke verbundenen Staus auf den Umleitungsstrecken und dadurch unter Umständen sehr langen Fahrzeiten hatten die Stadtwerke jedoch bewusst darauf verzichtet und auf die Stadtbahnverbindung über die Südbrücke gesetzt.
Das Angebot an Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag erscheint aufgrund der sehr geringen Nachfrage an diesen Tagen auf den ersten Blick angemessen und entspricht übrigens z. B. fast exakt dem der (schuldenfreien) Landeshauptstadt Düsseldorf. Die Tageslinien am Heiligabend fahren bis ca. 19 Uhr, ab 19.31 Uhr starten dann stündlich die Nachtbusse am Hbf. bis 2.31 Uhr in der Nacht. Am ersten Weihnachtsfeiertag ab 9 Uhr starten dann wieder die Tageslinien von ihren Endstellen.
Bonn ist meines Wissens übrigens die einzige Stadt Nordrhein-Westfalens und sicher auch weit darüber hinaus, die tagtäglich ein nächtliches ÖPNV-Angebot bis nach 2.30 Uhr bereithält. In anderen Städten finden sich solche Angebote nur am Wochenende. In Bonn fahren die Nachtbusse dann sogar bis 4.30 Uhr, so dass die Lücke bis zur ersten Fahrt der Tageslinien nicht groß ist. Die Nachtbusse sind äußerst beliebt und da die Linienführungen so konzipiert sind, dass die wichtigsten Ziele möglichst zu Anfang der Schleifen befahren werden, sind auch die Reisezeiten für die meisten Fahrgäste akzeptabel. Hinsichtlich der Anbindung Hangelars darf nicht außer Acht gelassen werden, dass parallel zum Nachtbus die Stadtbahnlinie 66 täglich bis 1.30 Uhr für die Fahrt von Bonn Richtung Siegburg zur Verfügung steht.
Ein ganz wesentlicher Schritt in Richtung Transparenz und Einfachheit des Nahverkehrsangebots wurde mit der Einführung des neuen Buskonzepts getan, das sich in seiner strategischen Grundausrichtung durchaus an die Philosophie der "Metrobus"-Linien in den großen Metropolen anlehnt. Da aber in Bonn nicht auf die bestehende hohe Erschließungsqualität verzichtet werden soll, wurden Hauptlinien gebildet, die sich als "Linienpärchen" (600/601, 602/603 etc.) auf den gemeinsamen Strecken zum 10-Minuten-Takt ergänzen, in den Außenbezirken durch Aufteilung jedoch die breite Flächenerschließung im 20-Minuten-Takt sicherstellen. Auch diese Linien sind täglich nahezu 20 Stunden und damit fast rund um die Uhr im Einsatz. Alle bisherigen Fahrgastzählungen deuten darauf hin, dass mit dem neuen Busnetz deutliche Fahrgastzuwächse ausgelöst wurden. Die daraus resultierenden Mehreinahmen wurden zum Teil bereits in weitere Angebotsverbesserungen investiert und sollen bei Fortsetzung des positiven Trends auch weiterhin in Verbesserungen fließen.
Mit freundlichen Grüßen
