Sehr geehrter Herr Habel,
ich danke Ihnen für den Beitrag und möchte die Gelegenheit nutzen um deutlich zu machen, dass die Sondernutzungssatzung weder Google, noch anderen verbietet, öffentliche Plätze, Wege und Straßenraum zu fotografieren. Lediglich das Befahren des Straßenraumes zur umfassenden fotografischen oder digitalen Darstellung des Gemeindegebietes oder das Aufnehmen eines zusammenhängenden Teils dieses Gebietes oder einzelner Straßenzüge oder diese grafisch oder digital weiter zu verwenden bedarf einer Erlaubnis, die gebührenpflichtig ist.
Bei der Darstellung privater Immobilien im Internet handelt es sich grundsätzlich nicht um eine Angelegenheit, für die eine kommunale Zuständigkeit gegeben ist. Es liegt hier eine Rechtsbeziehung - privatrechtlicher Art - zwischen Bürger und anbietender Firma (z.B. Google) vor. Eine kommunale Verpflichtung zur Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger über eventuelle Widerspruchsmöglichkeiten oder Gefährdungspotentiale, die von einem solchen Internet-Informationsdienst ausgehen, besteht nicht. Um nicht etwa einen Internet-Anbieter besonders hervorzuheben, hatte die Stadtverwaltung aus diesem Grunde bislang bewusst vermieden, Informationen über solche Internetdienste in ihr eigenes Internet-Angebot aufzunehmen. Das Thema Google Street View ist jedoch durch vielfältige Berichterstattung in den Medien landauf, landab zu einem "Politikum" geworden. Auch der Rat der Bundesstadt Bonn hat dieses Thema aufgegriffen und die Stadtverwaltung beauftragt, die Bürgerinnen und Bürger auf ihr Widerspruchsrecht gegenüber Google aufmerksam zu machen. Diesen Auftrag hat die Stadtverwaltung mit der jetzt gestarteten Informationskampagne umgesetzt.
Die datenschutzrechtlichen Verhandlungen seitens der zuständigen Stellen (im Falle von Google war das wegen der örtlichen Zuständigkeit der hamburgische Landesbeauftragte für den Datenschutz) wurden - soweit bekannt - bislang nur mit dem Anbieter "Google" geführt. Ein Ergebnis dieser Verhandlungen waren unter anderem weitreichende Widerspruchszugeständnisse. Bei anderen Internet-Dienst-Anbietern wurden entsprechende Datenschutzverhandlungen nach hier vorliegenden Erkenntnissen noch nicht geführt. Zuständig für solche Verhandlungen wäre der/die am jeweiligen Firmensitz zuständige Landesbeauftragte für den Datenschutz.
Das Karten und Luftbildangebot im Internet der Stadt Bonn dient der Information der Bürgerinnen und Bürger. Die im Internet dargestellten Luftbilder wurden vom Landesvermessungsamt, einer Abteilung der Bezirksregierung in Köln, gefertigt und sind entsprechend freigegeben. Zwar bilden auch Luftbilder letztlich private Bereiche ab, jedoch werden hierbei nicht wie bei Straßen-Panoramaaufnahmen Gesichter oder Kfz-Kennzeichen erfasst. Sie sind im Übrigen auch deutlich weniger detailscharf als die genannten Straßenansichten. Hinsichtlich der Darstellung von Umweltinformationen ist die Stadt sogar gehalten, entsprechende Informationen mittels moderner Kommunikationstechnik zu verbreiten. Die Stadt Bonn ist durch den Annex II der Europäischen Richtlinie Infrastructure for Spatial Information in the European Community (INSPIRE) vom 14.3.2007 und deren nationale Entsprechung, dem Geodatenzugangsgesetz GeoZG NRW vom 17.12.2009 zur Veröffentlichung von Luftbildern über entsprechende Datendienste angehalten. Als Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung entsprechender Verzeichnisse dient § 2 des Umweltinformationsgesetzes Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit § 7 des Umweltinformationsgesetzes (Bund). Danach haben informationspflichtige Stellen (nach Umweltinformationsgesetz NRW auch Gemeinden) darauf hinzuwirken, dass verfügbare Umweltinformationen (z.B. Infos zu Energie - wie z.B. beim Solardachkataster) in elektronischen Datenbanken oder in sonstigen Formaten gespeichert werden, die über Mittel der elektronischen Kommunikation abrufbar sind. Nach Bundes-Umweltinformationsgesetz (§ 7 Abs. 2) ist hierbei an die Veröffentlichung von Verzeichnissen über verfügbare Umweltinformationen bzw. an die Einrichtung öffentlich zugänglicher Informationsnetze und Datenbanken gedacht.
Google Street View unterscheidet sich nach meiner Auffassung von weiteren Betreibern im Wesentlichen darin, dass mit der flächendeckenden Befahrung aller Straßen mit Kamerafahrzeugen Informationen zentral durch ein Unternehmen und ohne direkte Einflussmöglichkeiten der Betroffenen gesammelt werden. Wieweit Google bereit ist Informationen auch aus der Privatsphäre von Bürgern zu gewinnen, können Sie beispielsweise daran erkennen, dass die in über 2,50 m Höhe auf den Fahrzeugen angebrachte Kamera geeignet ist mühelos über Zäune oder Sichtbegrenzungen in private Grundstücke hinein mit einer 360-Grad Straßenansicht aufnehmen zu können. Die bereits abrufbaren "Street View-Galerien" von Google zeigen zudem Aufnahmen in einem sehr hohen Detaillierungsgrad. Im Gegensatz zu Luftbildern sind Fahrzeugtypen mühelos erkennbar und Personen abgebildet. Auch wenn Nummerschilder und Gesichter unkenntlich gemacht wurden, kann meiner Ansicht nach nicht ausgeschlossen werden, dass Abbildungen von Privatgelände weltweit für jedermann zugänglich gemacht und dort abgebildete Personen so auch örtlich zugeordnet werden können. Ich halte dies nicht für akzeptabel.
Qualitativ sind die Internetdienste von sightwalk und e-rent anders zu bewerten als Google. Zwar lassen sich auch bei sightwalk 360-Grad Panoramaaufnahmen abrufen, allerdings beschränkt sich sightwalk in erster Linie auf die Darstellung touristischer Ziele bzw. Innenstadtbereiche. Google hingegen fotografiert sämtliche Straßenzüge einer Stadt ab, also auch die Bereiche, die lediglich zu Wohnzwecken dienen, und das auch außerhalb der Stadtzentren. Die Firma e-rent hat zwar bei seinem Internet-Videostadtplan auch sämtliche Straßen befahren, allerdings wurde dabei die jeweilige Straße nur mit einer einzigen Kamera in Fahrtrichtung dargestellt. Rundumblicke wie bei Google oder sightwalk sind hier nicht möglich und dementsprechend eingeschränkt ist auch der Informationsgehalt der Bilder. Auch entspricht die Kamerahöhe, von der aus gefilmt wurde in etwa dem Sichtfeld eines normalen Fußgängers. Kennzeichen und Gesichter sind bei e-rent nicht zu erkennen. e-rent hat bei der Vorstellung ihres Video-Stadtplanes im Übrigen auch eine Rufnummer veröffentlicht, an der Beschwerden z.B. über eventuell abgebildete Personen entgegengenommen werden.
Hinsichtlich der Kosten ist anzumerken, dass im vorliegenden Falle lediglich eine Änderung der Sondernutzungssatzung erfolgt ist, in der Gestalt, dass eine Textpassage ergänzt und eine Gebührenposition hinzugefügt wurde. Eine komplette Neufassung erfolgte nicht. An der Erstellung der Änderungsvorlage waren im Rahmen des obligatorischen verwaltungsinternen Abstimmungsverfahrens mehrere Dienststellen beteiligt, deren Arbeitszeitanteile im Einzelnen jedoch im Nachhinein nicht mehr bezifferbar sind. Der Zeitaufwand für die Erstellung einer Vorlage ist bislang noch nicht ermittelt worden, ist aber für die Zukunft beabsichtigt. Sollten auf der Grundlage der neu eingerichteten Gebührenposition Gebühreneinnahmen erzielt werden, so fließen diese Einnahmen in den allgemeinen Gebührenhaushalt ein und dienen dort der allgemeinen Kostendeckung.
Mit freundlichen Grüßen
